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Aus dem ETF-Magazin: "Profis agieren oft zu spät"

Viele Vermögensverwalter schneiden mit ihren aktiv gesteuerten Portfolios schlechter ab als passive Multi-Asset-Indizes. Das zeigt eine exklusive Auswertung des ETF Magazins – und enthüllt die Ursachen.


2. April 2024. MÜNCHEN (ETF Magazin). Nicht nur viele Mischfonds tun sich häufig schwer, besser abzuschneiden als einfache Indexportfolios. Auch aktiv verwaltete gemischte Portfolios im Private Banking und Wealth Management haben häufig Performance-Probleme, ebenso wie unabhängige Vermögensverwalter. Das ist das Ergebnis einer Studie des Instituts für Vermögensaufbau (IVA) im Auftrag von Vanguard. Das Institut wertete auf Basis detaillierter realer Portfoliodaten aus, wie sich aktiv gemanagte Portfolios im Vergleich zu einer einfachen Index-Allokation entwickelt haben. Die nach unterschiedlichen Zeiträumen und Risikoklassen differenzierende Auswertung erlaubt Rückschlüsse darüber, welche Handlungen beim Management von gemischten Portfolios einen systematischen Mehrwert liefern und welche nicht.

Grundlage der Untersuchung waren verschiedene Datensätze: Zum einen die Daten von zwei Vermögensverwalter-Tests im Private-Banking-Segment, die das IVA seit 2008 beziehungsweise 2011 einmal jährlich durchführt. Zum anderen wurden reale Kundendepotdaten unabhängiger Vermögensverwalter ausgewertet, die seit 2018 anonymisiert erhoben werden. Als Vergleichsmaßstab hat das IVA einfache Index-Portfolios aus dem globalen Aktienindex MSCI ACWI € Net Return und dem globalen Rentenindex iBoxx € Overall Total Return herangezogen. Dabei wurde die Gewichtung nach drei Risikoklassen getrennt und in den Vermögensverwalter-Portfolios angepasst. Innerhalb der jeweiligen Betrachtungszeiträume wurde die ursprüngliche Zusammensetzung einmal jährlich zum Jahreswechsel wieder hergestellt.

Darüber hinaus hat das IVA von der Wertentwicklung der Index-Portfolios realistische durchschnittliche Gesamtkosten der aktiv gemanagten Portfolios in Höhe von 1,48 Prozent p.a. abgezogen, um den Kosteneffekt aus der Analyse herauszuhalten.

Das IVA hat die Zahlen zur historischen Performance der in den Vermögensverwalter-Tests unterbreiteten Anlagevorschläge erstmals im Jahr 2020 für den vorangegangenen Fünfjahreszeitraum analysiert. Als Benchmark diente das genannte Index-Portfolio, wobei die beiden enthaltenen Indizes so gewichtet wurden, wie es dem durchschnittlichen Aktien-/Renten-Verhältnis der 20 untersuchten Performancereihen entspricht (56 Prozent MSCI ACWI € Net Return, 44 Prozent iBoxx € Overall TR).

Nur selten besser

Während sich für einzelne Kalenderjahre innerhalb des Betrachtungszeitraums ein erwartbar gemischtes Bild mit Out- und Underperformern zeigt, konnte die Benchmark über den gesamten Fünfjahreszeitraum nur in einem Drittel der 20 betrachteten Fälle geschlagen werden, während zwei Drittel der Portfolios hinter ihr zurückblieben.

Die genauere Analyse der einzelnen Performance-Reihen legt dabei laut IVA nah, dass die meisten Vermögensverwalter ein sehr aktives Management betreiben und ihre taktischen Bandbreiten bei der Gewichtung der Anlageklassen voll ausschöpfen. Auffällig sind hier vor allem die Jahre 2016 und 2018. Die überwiegende Mehrheit der Vermögensverwalter wurde von den jeweiligen Marktentwicklungen offensichtlich überrascht und war nicht optimal positioniert. So schaffte es 2018 lediglich ein Verwalter die Benchmark zu übertreffen. 2016 waren zwei Verwalter besser.

Im Großen und Ganzen bestätigt wird dieses Ergebnis durch eine aktualisierte Performance-Analyse für den Zeitraum 2018 bis 2022. Weitere Aufschlüsse liefert die hier vorgenommene ausdifferenziertere Form, getrennt nach Risikoklassen.

Drei Klassen wurden untersucht: defensiv (Portfolios mit einer Aktienquote bis 30 Prozent), ausgewogen (Aktienquote 30 bis 60 Prozent) und offensiv (mehr als 60 Prozent Aktien). Der Vergleich dieser Portfolios mit der genannten Benchmark mit einer Aktienquote von 25, 50 und 75 Prozent zeigt insbesondere in der Gruppe der defensiven Portfolios ein sehr interessantes Bild: Betrachtet man die annualisierten Renditen über den gesamten Fünf-Jahres-Zeitraum, so bleibt in der Gruppe der defensiven Portfolios die Benchmark hinter fast allen Portfolios der Vermögensverwalter zurück.

Ein Jahr ändert alles

Jedoch zeigt ein genauerer Blick auf die Daten, dass dieses Ergebnis fast ausschließlich auf das Jahr 2022 zurückzuführen ist, in dem die Benchmark deutlich mehr verlor als alle anderen Portfolios. Dieses Ergebnis ist insbesondere auf die sehr dynamische Zinswende zurückzuführen, die 2022 für erhebliche Herausforderungen an den Anleihemärkten sorgte. Ganz offensichtlich hatten sich viele aktive Vermögensverwalter für diese voraussehbare Wende positioniert und konnten so einen echten Mehrwert gegenüber einem passiven Indexportfolio erbringen. Dagegen hat das turnusmäßige Rebalancing der Benchmark zum Jahreswechsel mit der entsprechenden Wiederaufstockung der Anleihequote auf 75 Prozent die Performance des Index-Portfolios deutlich belastet.

Ein ähnlicher Effekt ist auch in der Gruppe der offensiven Portfolios zu beobachten. In dieser Gruppe schneidet die Benchmark im Jahr 2022 ebenfalls am schlechtesten ab. Durch den grundsätzlich niedrigeren Rentenanteil war allerdings das Ausmaß der Underperformance deutlich geringer als bei der defensiven Gruppe. Über den gesamten Fünf-Jahres-Zeitraum hätte die Benchmark zudem erneut zwei Drittel der Portfolios geschlagen, sodass sich das Bild des ersten Performance-Vergleichs bestätigt.

Neben einem überdurchschnittlichen Ergebnis der Benchmark in den Jahren 2019 bis 2021, in denen sie jeweils zum obersten Drittel der am stärksten performenden Portfolios gehört, lohnt ein weiterer Blick auf das Jahr 2018. Wie bereits im ersten Performance-Vergleich weist auch hier die Benchmark den zweitgeringsten Verlust auf.

Gerade im Vergleich mit dem Jahr 2022 macht dieses Ergebnis deutlich, dass sich zwischen Ereignissen unterscheiden lässt, die den Kapitalmarkt unerwartet treffen und solchen, die zumindest von einer großen Mehrheit prinzipiell erwartet werden. So hatten die meisten Vermögensverwalter 2018 das Ausmaß der Negativentwicklung am Aktienmarkt im Vorfeld offensichtlich unterschätzt und waren zu offensiv positioniert. Für die klar bevorstehende Zinswende im Jahr 2022 dagegen konnten sie ihre Portfolios rechtzeitig richtig ausrichten.

Festzuhalten bleibt also: Während erwartbare Entwicklungen für die regelbasiert gesteuerte Benchmark zum Problem werden können, sind für aktive Manager vor allem die unerwarteten Stressereignisse ein Problem. Leider sind diese unerwarteten Entwicklungen insbesondere am Aktienmarkt weitaus häufiger als absehbare Verläufe.

Eng verbunden mit diesen Überlegungen ist die Frage, wie sich häufige Anpassungen des Portfolios an das erwartete Marktumfeld auf die Performance auswirken. Als Indikator erscheint hier die Portfolio-Umschlagsrate geeignet. Das IVA hat diesen Zusammenhang auf Basis der genannten Kundendepotdaten unabhängiger Vermögensverwalter analysiert. Dafür wurden alle Depots anhand ihrer Umschlagsrate in fünf Quintile mit der niedrigsten bis hin zur höchsten Umschlagsrate eingeteilt. Für diese fünf Gruppen wurde jeweils der Median ihrer Outperformance zu einer Benchmark bestimmt.

Wiederum bestätigt die nach Risikoklassen differenzierte Analyse weitgehend die bereits gezogenen Schlüsse. Über alle Risikoklassen hinweg deutet sich bereits der umgekehrte Zusammenhang zwischen Performance und Umschlagsrate an, an der Börse als „Hin und Her macht Taschen leer“ bekannt. Das heißt, eine hohe Transaktionshäufigkeit wirkt sich tendenziell negativ auf die Performance aus.

Dieser Zusammenhang ist insbesondere im Segment der offensiven Portfolios zu beobachten: Hier ist eine fast lineare Abhängigkeit zu beobachten. Insbesondere scheinen sich hier bereits leicht erhöhte Umschlagsquoten negativ auf die Performance auszuwirken sowie sehr hohe Umschlagsquoten in besonders krasser Form. Zusammenfassend lässt sich feststellen: Auch bei gleicher unterstellter Kostenbelastung liefern die aktiv gemanagten Portfolios gegenüber ihren Index-Benchmark Portfolios im Durchschnitt deutlich niedrigere Renditen.

Vermögensverwalter laufen hinterher

Die Ursache liegt wesentlich in einer zyklischen Steuerung der Aktienquote. Insbesondere nach Einbrüchen sind die Aktienquoten in den gemanagten Portfolios niedriger als in den Index-Portfolios, die als Benchmark dienten. Die Performanceverluste entstehen dadurch vor allem in Jahren mit hoher Volatilität und in der Marktphase nach einem starken Einbruch. Auch innerhalb der Aktienanteile in den Portfolios lässt sich ein zyklisches Verhalten feststellen, welches darin besteht, auf die Gewinner der Vergangenheit zu setzen.

Anders sieht es auf Anleiheseite aus. Hier konnte das aktive Management im Betrachtungszeitraum vor allem aufgrund einer aktiven Steuerung der Duration 2021 und 2022 einen Mehrwert generieren. Insgesamt stützen die Ergebnisse das Bild, das aktives Management im defensiven Bereich bessere Chancen als im offensiven Bereich hat. So gesehen spricht vieles dafür, aktives Management im offensiven Bereich sehr gezielt und sparsam einzusetzen. Die Daten zeigen, wie teuer es langfristig ist, die maximalen Verlustschwankungen in gemischten Portfolios zu begrenzen.

Da Stressphasen in der Regel überraschend auftreten, sind Portfoliomanager nach Einbrüchen gezwungen, die weiteren Schwankungsrisiken abzusenken, was nichts anderes bedeutet, als zyklisch nach Einbrüchen die Aktienquote zu senken. Die betrachteten Benchmark-Index-Portfolios zielen nicht darauf, Verlustschwankungen zu begrenzen. Deshalb können sie nach einem Kurseinbruch die Aktienquote wieder auf das ursprüngliche Niveau anheben.

Dass die Index-Portfolios langfristig deutlich bessere Renditen erwirtschaften, liegt also nicht dran, dass die aktiven Manager schlecht arbeiten würden. Vielmehr ist eine laufende Verlustbegrenzung häufig Kern des Dienstleistungsversprechens der aktiv gesteuerten Mischportfolios gegenüber dem Kunden. Die Studie zeigt jedoch, dass dieses Versprechen Rendite kostet. In diesem Sinn ist der isolierte Performance-Vergleich mit einem Index-Benchmark-Portfolio nicht ganz passend, da ja das Benchmark-Portfolio das Verlustbegrenzungs-Versprechen nicht abgibt.

Schwankungen auszuhalten erfordert von den Investoren Disziplin. Zahlreiche weitere Untersuchungen belegen, dass sich eine derartige Disziplin längerfristig auszahlt. Berater, die ihre Kunden in diesem Sinne begleiten, bieten nachweislich einen deutlichen Mehrwert. Einen sinnvollen Leitfaden bietet in diesem Zusammenhang etwa das „Adviser Alpha“-Konzept von Vanguard, das auf den Ergebnissen langjähriger Forschung beruht und die sieben wichtigsten Vorteile professioneller Anlageberatung aufzeigt.

Von Moritz Schüssler und Andreas Beck, April 2024, © ETF Magazin

Der Artikel stammt aus der aktuellen Ausgabe des ETF Magazins, dem Fachjournal für Profis und informierte Anleger*innen.

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