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Aus dem ETF-Magazin: "Extreme Gewinne mit Kryptos"

Viele Krypto- und Blockchain-Aktien schafften in diesem Jahr weit mehr als 100 Prozent Gewinn. Einige fokussierte ETFs erschließen das Potenzial der Zukunftsbranche, wie das ETF Magazin erläutert.


20. Februar 2024. MÜNCHEN (ETF Magazin). Jamie Dimon nahm mal wieder kein Blatt vor den Mund. Bei einer Anhörung vor dem US-Senat Anfang Dezember antwortete der Chef der US-Großbank JPMorgan Chase sehr knapp auf die Frage, was man gegen die Verwendung von Kryptowährungen bei illegalen Aktivitäten wie Terrorismus, Drogenhandel und Online-Lösegeldangriffe unternehmen sollte. „Wenn ich die Regierung wäre, würde ich das alles beenden“, sagte Dimon.

Nicht alle in der Finanzwelt sind so radikal. Kryptowährungen haben durchaus starke Freunde, beispielsweise die US-Fondsriesen Fidelity und BlackRock. Sie hoffen auf die Genehmigung, bald Bitcoin-ETFs auflegen zu dürfen. Allein die Aussicht auf diese neuen ETFs hat den Preis der Kryptowährung in diesem Jahr mächtig angeschoben. Nach Einschätzung der Krypto-Bullen werden die Bitcoin-ETFs eine neue Welle des Anlegerinteresses auslösen – mit entsprechenden Kursgewinnen bei den Kryptowährungen.

Mit börsengehandelten Zertifikaten (ETCs) für die Kryptowährungen können sich Anleger dieses Potenzial gut erschließen. Doch auch Aktien aus der Krypto- und Blockchain-Welt brachten in diesem Jahr Gewinne von mehreren 100 Prozent Gewinn, entsprechend stark stiegen auch die ETFs mit diesen Aktien (s. Tabelle). Ähnlich wie Tech-Aktien und Kryptowährungen waren im vergangenem Jahr auch die Blockchain-Aktien auf dem Rückzug. Umso stärker fiel das Comeback in diesem Jahr aus. So hat sich die Aktie des Krypto-Brokers Coinbase seit Neujahr vervierfacht – und damit sogar die Zuwächse der meisten Kryptowährungen weit übertroffen.

Coinbase war kein Einzelfall. Bitcoin und Blockchain sind zwei untrennbar miteinander verknüpfte Dinge, denn ohne die Blockchain-Technologie lässt sich kein Bitcoin und keine andere Kryptowährung produzieren. Doch „die Blockchain ist viel mehr als Bitcoin & Co.“, sagt Sven Hildebrandt, Geschäftsführer der Unternehmensberatung DLC Distributed Ledger Consulting. In den letzten Jahren hat sich bereits ein riesiges Blockchain-basiertes Ökosystem entwickelt mit innovativen Anwendungen für den Handel, für Zahlungen und viele andere Zwecke.

Riesiges Potenzial

Schon heute bringen Blockchain-Anwendungen in zahlreichen Branchen große Vorteile und Kostenersparnisse – von der Finanzbranche über das Transportwesen bis hin zur Lebensmittelproduktion. Es wird wohl nicht mehr allzu lange dauern, bis zum endgültigen Durchbruch der Blockchain. „Zwar muss die Technologie noch einige Hindernisse überwinden, aber bei der derzeitigen Entwicklungsgeschwindigkeit ist die Massenadaption von Blockchain Anwendungen nicht mehr fern“, schätzt Hildebrandt.

Die Beratungsgesellschaft PwC geht davon aus, dass die Blockchain das globale Bruttoinlandsprodukt bis 2030 um 1,76 Billionen US-Dollar erhöhen dürfte und dass die Technologie dann in zehn bis 15 Prozent der globalen Infrastruktur implementiert sein soll. Das Marktforschungsinstitut Gartner schreibt der Blockchain bis zum Jahr 2030 sogar ein Wertschöpfungspotenzial von 3,1 Billionen USD zu.

Doch was macht die Technologie so spannend? Sehr vereinfacht gesagt, ist die Blockchain ein dezentral verwaltetes Buchungssystem, eine Kette von Transaktionen beziehungsweise Einträgen in eine lange Liste, den Ledger. Das Besondere daran ist, dass neue Transaktionen auf älteren aufbauen und diese als richtig bestätigen. Als Ergebnis können die älteren Einträge weder gelöscht noch verändert werden – durch ihre Veränderung würden auch die neuen Einträge zerstört. Dieses System hat nicht nur den Vorteil, dass Einträge nicht vernichtet oder manipuliert werden können. Auch Transparenz und Kosteneinsparungen sind damit verbunden. So haben alle Netzwerkteilnehmer Zugriff auf das dezentrale Verzeichnis (Distributed Ledger) und durch diesen gemeinsam genutzten Ledger müssen Transaktionen nur einmal aufgezeichnet werden. Zeitraubende Datenabgleiche entfallen.

Immer mehr Unternehmen haben diese Vorteile erkannt und suchen nach Möglichkeiten, die BlockchainTechnologie in ihren Geschäftsprozessen zu integrieren. Vielfach haben die Anwender das Versuchsstadium schon verlassen. Nicht nur Kryptowährungen arbeiten heute mit der Blockchain-Technologie. „In zahlreichen Branchen wurden inzwischen kommerzielle Blockchain-Netzwerke etabliert“, berichtet Keith Bear, Fellow am Centre for Alternative Finance der Cambridge Judge Business School.

Stark angewendet wird die Technik schon heute unter anderem in der Transportbranche. Mehr als die Hälfte des weltweiten Containerverkehrs wird mittlerweile über die Blockchain gesteuert, schätzen Experten. Die Lieferkette eines Produkts, die auf der Blockchain abgebildet ist, kann heute in Sekunden zurückverfolgt werden. Früher dauerte eine solche Recherche Tage. Die Beilegung internationaler Schadensfälle bei Autoversicherungen konnte Monate in Anspruch nehmen, durch die Blockchain dauert es nur noch Stunden. Im Energiesektor ermöglicht es die Blockchain, mit Solarstrom dezentral und ohne Intermediär zu handeln, das spart Kosten.

Neue Börsenwelt

Besonders dramatische Auswirkungen könnte die Technologie in der Finanzbranche hervorrufen. „Distributed Ledger wird einen ähnlichen Einfluss auf die Finanzbranche ausüben wie das Internet auf unsere Kommunikation“, prognostiziert Berater Hildebrandt. So mache die Blockchain im Prinzip Intermediäre überflüssig: Börsen oder andere Handelsplätze ebenso wie Zentralverwahrer. Das wird manchen Intermediären nicht gefallen, ihren Kunden dagegen schon eher. Heutzutage dauert zum Beispiel die vollständige Abwicklung von Wertpapiertransaktionen, also die Übertragung eines Papiers von einem Besitzer auf den anderen, etwa zwei Tage. Durch die Blockchain ist theoretisch eine Abwicklung nahezu in Echtzeit möglich – zum Vorteil der Anleger, denn neben weniger Risiko bedeuten kürzere Abwicklungszeiten mehr Liquidität für die Investoren. Der Zeitvorsprung kann erhebliche Auswirkungen haben.

Smart Contracts, die auf Blockchain-Technologie basieren, ermöglichen weitere Verbesserungen. Smart Contracts sind automatische Verträge, die bei bestimmten Ereignissen in Kraft treten. Beispielsweise kann festgelegt werden, dass eine Zahlung erst dann getätigt wird, wenn ein Vermögenswert innerhalb eines bestimmten Zeitraums übertragen wurde. Dadurch lassen sich Verträge automatisch überwachen und unveränderbar dokumentieren. So sind sie für alle Vertragsparteien transparent und prüfbar. Notare und komplizierte Kaufverträge werden durch Smart Contracts überflüssig, weil durch die Blockchain die Verträge dezentral und automatisiert zusammengesetzt werden können.

Sogar neuartige ETFs sind vorstellbar. Sie könnten ohne Umwege über Zentralverwahrer, Banken oder sonstige bislang unverzichtbare Drittparteien handeln. „Das würde nicht nur einen echten Rund-um-die-UhrHandel ermöglichen, sondern auch die Kosten für Vermittler und den Kontenabgleich weiter reduzieren“, schätzt Invescos Vertriebs-Chef Sascha Specketer.

Mehr als 100 Prozent Gewinn

Invesco war die erste Fondsgesellschaft, die in Europa mit einem Blockchain-ETF startete. Das Abenteuer begann sanft, doch dann schoss der Kurs des Invesco Coinshares Global Blockchain ETFs rasant nach oben, gab aber im vergangenen Jahr wieder einen Großteil seiner Gewinne ab. In diesem Jahr geht es dafür wieder aufwärts. Auch in Zukunft könnte sich der ETF als gewinnbringendes Investment erweisen. Der ETF-Emittent Invesco baut bei diesem ETF auf die Zusammenarbeit mit Coinshares, einem großen Anbieter von Anlagelösungen für Kryptowährungen. Analysten von Coinshares definieren den CoinShares Blockchain Gobal Equity Index, dem der Invesco-ETF folgt. Der Index enthält aktuell 45 Unternehmen, die am Blockchain-Ökosystem partizipieren oder künftig partizipieren könnten. Dazu gehören Entwickler von Blockchain-Lösungen, aber auch Kryptowährungsproduzenten wie Bitfarms oder Hive. Stark vertreten sind auch Kryptobroker und Handelsplattformen, unter anderem die US-Krypto-Handelsplattform Coinbase.

Deutlich besser als der Invesco-ETF entwickelten sich in diesem Jahr die etwas jüngeren und viel kleineren Blockchain-ETFs anderer Anbieter. Die meisten schossen seit Neujahr um mehr als 100 Prozent nach oben. Der Unternehmensmix der anderen fünf an Xetra gelisteten Blockchain-ETFs ähnelt dem InvescoETF, auch die größten Positionen bestehen zum Großteil aus den gleichen Aktien. Die kleineren ETFS sind allerdings wesentlich stärker konzentriert als der Blockchain-Pionier von Invesco: Sie investieren in deutlich weniger Unternehmen und halten dabei fast ausschließlich US-Aktien, wohingegen der InvescoETF immerhin 45 Prozent Werte im Portfolio hat, die nicht in den Vereinigten Staaten beheimatet sind. So finden sich im Invesco-ETF unter anderem 20 Prozent Aktien aus Japan.

Besonders fokussiert ist das Portfolio des VanEck Crypto and Blockchain Innovators ETF. In diesem Fonds finden sich sogar nur 20 verschiedene Aktienpositionen, und die zehn größten machen 70 Prozent des gesamten ETF-Vermögens aus. Die größte Position, Coinbase, ist dabei allein schon mit zehn Prozent Anteil gewichtet. Auch in allen anderen ETFs gehört der Kryptobroker zu den am höchsten gewichteten Aktien, mit teils noch wesentlich höheren Anteilen. Angesichts der starken Kursgewinne von Coinbase war die hohe Gewichtung nicht unbedingt ein Fehler.

Starke Krypto-Devisen

Eine Million Dollar kostet der Bitcoin im Jahr 2030 wird, prognostiziert die US-Fondsmanagerin Cathie Wood. Heute ist ein Bitcoin für etwa 44 000 Dollar zu haben – nach gut 160 Prozent Kursanstieg seit Jahresbeginn. Manche Finanzexperten halten die Kryptowährung dennoch für wertlos, für sie ist der Bitcoin eher eine Philosophie und ein Glaubensbekenntnis. Allerdings gibt es ein starkes Argument für weiter steigende Kurse: Bitcoins entstehen nicht, indem Notenbanken die Druckerpresse anwerfen. Es können nur 21 Millionen durch die Rechenleistung von Computern produziert werden, im Oktober 2023 waren laut dem Datensammler Statista schon rund 19,5 Millionen im Umlauf. Das Angebot ist also sehr begrenzt, was das Vertrauen in den Bitcoin als Wertaufbewahrungsmittel langfristig stärken sollte.

Andere Digital-Devisen schossen 2023 noch rasanter nach oben als der Bitcoin. Die kleinere Währung Solana schaffte seit Jahresbeginn ein Plus von mehr als 500 Prozent. Wer vom Aufstieg der digitalen Devisen profitieren will, kann diese direkt über einen Krypto-Handelsplatz kaufen. Doch es geht auch anders. An etablierten Börsenplätzen notieren inzwischen zahlreiche börsengehandelte Zertifikate (ETN) für alle bedeutenden Kryptowährungen. An Xetra, der Handelsplattform der Deutschen Börse, werden inzwischen mehr als 80 solcher Zertifikate gehandelt. Diese ETNs ermöglichen den indirekt Besitz einer Kryptowährung oder auch eines ganzen Korbs solcher Währungen. Ein Krypto-Wallet oder Account bei einem Krypto-Broker ist dafür nicht notwendig. Zudem bieten die ETNs mehr Sicherheit: Aufgrund des Handels an einem regulierten Handelsplatz wie Xetra, aber auch weil sie das Vermögen der ETPs mit dem entsprechenden Volumen der jeweiligen Kryptowährung besichern und die Tokens in der Regel in einem Offline-Wallet, Cold Storage genannt, verwahren. In Bezug auf ihre laufenden Kosten gehören die Krypto-ETNs allerdings leider zu den teuersten an Xetra gelisteten Produkten. So verlangt etwa der Marktführer ETC Group für seinen Bitcoin-ETN zwei Prozent Management Fee pro Jahr. Der 21Shares Solana Staking ETP ist sogar mit 2,5 Prozent belastet.

Dennoch kommen die Krypto-ETNs bei Anlegern gut an. Ende November betrug ihr gemeinsames Vermögen rund 4,8 Milliarden Euro, errechneten die Marktanalysten von Crossflow. Seit Jahresbeginn seien den Krypto-ETCs mehr als 800 Millionen Euro neue Mittel zugeflossen.

Von Wilhelm Nordhaus, Dezember 2023, © ETF Magazin

Der Artikel stammt aus der aktuellen Ausgabe des ETF Magazins, dem Fachjournal für Profis und informierte Anleger*innen.

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