Aus dem ETF-Magazin. "Strategie mit Zusatznutzen"
ETFs mit Nachhaltigkeits-Fokus bergen mehr Wert als vermutet: ESG-ETFs stabilisieren auch die Entwicklung eines Wertpapier-Portfolios. Das zeigt eine neue Studie.
31. Oktober 2023. MÜNCHEN (ETF Magazin). Es gibt verschiedene Gründe, sein Geld in nachhaltige Anlagen zu investieren: die Umwelt zu schützen, das Risiko zu reduzieren oder schlicht die Hoffnung auf eine höhere Rendite, weil es bei nachhaltigen Anlagen auch um Zukunftstechnologien geht. In den vergangenen Jahren waren ETFs mit Nachhaltigkeitsfokus häufig renditestärker als herkömmliche Ansätze. Seit Anfang 2022 lässt sich diese Überrendite jedoch nicht mehr so eindeutig feststellen.
Doch ESG-ETFs scheinen noch einen weiteren Vorteil zu haben, erklären jetzt Analysten der Deutschen Bank. Nach ihren Berechnungen könnten ESG-ETFs schon deshalb ein attraktiver Portfolio-Baustein sein, weil ihre Beimischung die Diversifikation des Portfolios verbessert und damit die Wertentwicklung des Portfolios stabilisiert. Dieser Diversifikationsvorteil sei vor allem mit wirklich nachhaltigen („dunkelgrünen“) ETFs zu erreichen, heißt es in der Ende August veröffentlichten Studie der Analysten Ursula Walther und Brian Bedell, die auf einer Analyse von 853 Aktien- und 433 Renten-ETFs basiert, die an europäischen Börsen gehandelt werden.
Bei der Unterscheidung zwischen nachhaltigen und nicht nachhaltigen Strategien orientierten sich die Analysten am Klassifizierungssystem der SFDR-Richtlinie der Europäischen Union. Die Richtlinie definiert drei Hauptkategorien nachhaltiger Fonds: Artikel 6-Fonds haben nachhaltige Investitionen nicht als Hauptziel, obwohl sie Nachhaltigkeitsrisiken und -auswirkungen bis zu einem gewissen Grad berücksichtigen. Artikel 8-Fonds, auch „hellgrüne“ Fonds genannt, verfolgen nachhaltige Investitionen als Ziel und fördern ökologische oder soziale Ziele. Sie erfüllen jedoch nicht die strengeren Kriterien für eine Einstufung nach Artikel 9 der SFDR. „Dunkelgrüne“ Artikel 9-Fonds verfolgen nachhaltige Investitionen als Hauptziel, tragen zu Umwelt- oder Sozialzielen bei, beeinträchtigen diese Ziele nicht wesentlich und befolgen gute Governance-Praktiken.
Rendite ist nicht alles
In Bezug auf die Rendite schnitten die Artikel-9-ETFs im Untersuchungszeitraum etwas besser ab als der Durchschnitt der Artikel-8- und Artikel-6-ETFs. Die Autoren untersuchten auch die Korrelation der drei Kategorien untereinander. Dabei zeigte sich, dass ETFs der „dunkelgrünen“ Kategorie weniger stark von den Kursentwicklungen der beiden anderen Kategorien beeinflusst werden. Artikel 8 und Artikel 6 ETFs wiesen dagegen häufig ähnliche Kursbewegungen auf.
Mit anderen Worten: Die Kursentwicklung der dunkelgrünen ETFs weicht deutlicher vom Trend des Gesamtmarktes ab als die der beiden anderen Kategorien. Dies gilt insbesondere für Aktien-ETFs. Ein möglicher Grund für die höhere Korrelation der hellgrünen ETFs mit nicht-nachhaltigen Strategien könnte sein, dass in Artikel 8 und Artikel 6 Fonds häufig ähnliche Aktien enthalten sind. Nach Untersuchungen des Analysehauses Eurosif überschneiden sich Artikel-8- und Artikel-6-Fonds im Durchschnitt bei rund einem Drittel der Portfoliowerte.
Bei den dunkelgrünen ETFs gibt es demnach weniger Überschneidungen, da diese offensichtlich mehr Aktien aufgrund von ESG-Bedenken ausschließen.Wer ohnehin bevorzugt in ETFs mit Nachhaltigkeitsfokus investiert, wird sich über die Ergebnisse der Studie freuen. Denn die geringere Korrelation mit dem Gesamtmarkt ist für Anleger ein wertvoller Zusatznutzen: Nach der modernen Portfoliotheorie ist die Wertentwicklung eines Portfolios umso stabiler, je weniger die darin enthaltenen Vermögenswerte miteinander korrelieren.
Von Wilhelm Nordhaus, September 2023, © ETF Magazin
Der Artikel stammt aus der aktuellen Ausgabe des ETF Magazins, dem Fachjournal für Profis und informierte Anleger*innen.
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