Aus dem ETF-Magazin: "Die neuen Rendite-Stars am Geldmarkt"
Geldmarkt-ETFs eignen sich als gut verzinste Liquiditäts-Reserve und Portfolio-Stabilisator. Sie punkten durch niedrige Kosten, hohe Flexibiliät und große Transparenz, meint Johannes Hofmann.
17. Oktober 2023. MÜNCHEN (ETF Magazin). Ekstase geht anders. Wenn Investoren das Wort „Geldmarkt“ hören, springt in aller Regel kein Kopfkino an. Wie auch nach den Micker-Zinsen der letzten Jahre? Doch jetzt ändert sich die Situation. Mit steigenden Leitzinsen steigt auch das Interesse an Zinsanlagen und am Geldmarkt. Die Renditen für kurzfristig verfügbares Geld erreichen fortlaufend neue Höchststände. In der Eurozone bringt Tagesgeld aktuell mehr als 3,6 Prozent, mit Tagesgeld in US-Dollar lassen sich sogar 5,4 Prozent vereinnahmen. Heißt: Geldmarktfonds eignen sich im Moment als taktisches Instrument für Anleger, die abwarten wollen, wie es weiter geht – in der Geldpolitik und bei Aktien und Anleihen.
Als veritable Alternative zu traditionellen Geldmarktfonds gibt es seit gut 15 Jahren in Europa auch Geldmarkt-ETFs. An Xetra, der Handelsplattform der Deutschen Börse, notieren inzwischen rund ein Dutzend Geldmarkt-ETFs oder vergleichbare ETFs für kurzfristige Geldanlagen. Sie bieten Anlegern zahlreiche Vorteile gegenüber traditionellen Geldmarktfonds. Einige empfehlenswerte ETFs stellen wir hier vor.
- Weitere ETFs dieser Kategorie finden sich auf den ETF-Seiten von boerse-frankfurt.de.
Doch warum sollten Anleger zu Geldmarkt-ETFs anstatt zu klassischen Geldmarktfonds greifen? Klassische Geldmarktfonds gibt es seit 1917. Ende der 70er Jahren waren sie als Folge der Hochzins-Politik der US-Zentralbank der unbestrittene Star unter den Anlageprodukten.
Während Aktien und Anleihen damals eher für Verluste gut waren, lagen die Renditen der Geldmarktfonds bei 15 Prozent und höher. Die heutige Zinswelt ist weniger krass, doch das Prinzip der Geldmarktfonds ist das gleiche: Sie investieren in eine Palette kurzlaufender Zinspapiere – etwa in Staatsanleihen, Schatzanweisungen oder Hypothekendarlehen. Geldmarkt-ETFs bieten ähnliche Renditen wie klassische Geldmarktfonds, doch sie funktionieren etwas anders.
Wie alle börsengehandelte Indexfonds bilden Geldmarkt-ETFs stets einen bestimmten Index ab. Meist spiegelt dieser Index die Performance einer täglich rollierenden Geldeinlage wider, die mit einem bekannten Referenz-Zinssatz verzinst wird. Im Euroraum ist das beispielsweise die Euro Short Term Rate der Europäischen Zentralbank, im Bereich des US-Dollars die Fed Funds Rate der US-Zentralbank.
Drin ist, was draufsteht
Damit sind die wichtigsten Vorteile von Geldmarkt-ETFs schon erkennbar: Geldmarkt-ETFs bieten faire Geldmarkt-Zinsen, nahe an den Sätzen des Interbankengeschäfts. Im Gegensatz zu einer Festgeld-Anlage kann sich dieser Zinssatz täglich ändern. In Phasen steigender Zinsen ist das für Anleger natürlich ein Vorteil. Damit sind Geldmarkt-ETFs zwar nicht völlig risikolos, aber stark Risiko-reduziert. Vor allem aber sind sie flexibel und liquide: Es gibt keine feste Laufzeit wie beim Festgeld, sondern Kauf- und Verkauf sind über die Börse jederzeit möglich.
Geldmarkt-ETFs sind, wie alle ETFs, zudem sehr preiswert. Die günstigsten Geldmarkt-ETFs glänzen mit laufenden Kosten von nur 0,05 Prozent pro Jahr, die meisten Geldmarkt-ETFs kommen mit jährlichen Kosten zwischen 0,10 Prozent und 0,15 Prozent daher. Aufgrund dieser niedrigen Kosten bleibt Anlegern natürlich mehr Rendite übrig. So bringt der Lyxor Smart Overnight Return ETF (EUR) aktuell einen Zinssatz von 3,6 Prozent und liegt damit nur 0,05 Prozentpunkte unter dem Geldmarktsatz im Euroraum.
Ähnlich wie unverzinstes Bargeld eignen sich Geldmarkt-ETFs aufgrund ihrer Flexibilität und niedrigen Kosten somit perfekt als Geldparkplatz. Gleichzeitig wirken sie, fast identisch wie Bargeld, auch als Stabilitätsanker in einem gemischten Wertpapierportfolio mit Aktien und Anleihen. Geldmarkt-ETFs weisen nur eine niedrige Korrelation zu anderen Anlageklassen auf und verbessern dadurch die Diversifizierung eines Portfolios.
Im Vergleich zu aktiv verwalteten Geldmarktfonds besteht einer der größten Vorzüge der Geldmarkt-ETFs nicht nur in ihren geringeren Kosten, sondern in ihrer höheren Transparenz: Anleger investieren tatsächlich nur in die ausgewiesenen Indexbestandteile – und nicht in illiquide oder riskante Papiere, die womöglich vom Fondsmanagement benutzt werden um die Rendite hochzutreiben. Erfahrene Anleger werden sich an die Finanzkrise 2008 erinnern. Damals kamen infolge der Lehman-Pleite und des dadurch ausgelösten Liquiditätsengpasses zahlreiche aktiv verwaltete Geldmarktfonds ins Straucheln. Ihnen wurden unter anderem Investments in Asset Backed Commercial Papers und andere illiquide Anlagen zum Problem.
Allerdings haben auch Geldmarkt-ETFs Schwächen. Obwohl diese Fonds risikoarm sind, können ihre Renditen schwanken. Aufgrund der invertierten Zinskurve bringen Geldmarkt-ETFs heute häufig höhere Renditen als ETFs mit länger laufenden Anleihen. Doch in normalen Zeiten sind die Renditen der Geldmarktfonds niedriger als bei risikoreicheren Anlageformen wie Aktien oder Anleihen. Theoretisch kann ein Geldmarkt-ETF auch Verluste erleiden, wenn der Emittent einer im ETF enthaltenen Anleihe zahlungsunfähig wird.
Geldmarkt-ETFs, die nicht Zinsen des Euroraums abbilden, sind natürlich auch noch einem Währungsrisiko ausgesetzt. Unter den in Deutschland zugelassenen Geldmarkt-ETFs gibt es einige, die auf US-Dollar oder britisches Pfund lauten. Wer das Wechselkursrisiko nicht scheut, sollte sich diese ETFs jedoch wegen ihrer deutlich höheren Zinsen anschauen. So lockt der Xtrackers USD Overnight Rate Swap ETF (Acc) mit Zinsen von 5,3 Prozent – in US-Dollar.
Transparente Anlagen
Referenzgrößen der Geldmarkt-ETFs sind meist Geldmarktzinssätze wie die Euro Short Term Rate (ESTR), der Referenz-Zinssatz der EZB. ESTR gibt an, zu welchem Zinssatz sich Banken über Nacht Geld leihen. Geldmarkt-ETFs für den Dollarraum beziehen sich stattdessen auf die Fed Fund Rate, der Zinssatz, zu dem sich amerikanische Finanzinstitute Geld untereinander leihen, um ihre Reserveanforderungen bei US-Zentralbank (Federal Reserve) zu erfüllen. Geldmarkt-ETFs für das britische Pfund bilden vorwiegend den SONIA-Satz (Sterling Overnight Index Average) ab.
Um ihren Anlegern die Geldmarktrendite bieten zu können, replizieren Xtrackers- und Lyxor-GeldmarktETFs das Investment in den Referenz-Zinssatz beziehungsweise den ETF-Index synthetisch. Dabei wird der Großteil des ETF-Portfolios relativ starr in bonitätsstarke Anleihen investiert, während zusätzliche Finanz-Tauschgeschäften (Swaps) mit einer Großbank (Deutsche Bank bzw. Société Générale) für die exakte Rendite sorgen. Im (unwahrscheinlichen) Konkurs-Fall der involvierten Bank könnten deshalb die ETF-Besitzer einen geringen Verlust erleiden.
Alternativ zu den reinen Geldmarkt-ETFs gibt es auch ETFs, die in Staatsanleihen mit Restlaufzeiten von maximal einem Jahr investieren und damit geldmarktnahe Renditen erwirtschaften. Diese ETFs replizieren ihren Index physisch, indem sie die Anleihen direkt für das ETF-Portfolio erwerben.
von Johannes Hofmann, September 2023, © ETF Magazin
Der Artikel stammt aus der aktuellen Ausgabe des ETF Magazins, dem Fachjournal für Profis und informierte Anleger*innen.
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