L o a d i n g . .

Aus dem ETF-Magazin: "Fiskus verdient mit"

Die Besteuerung von ETFs ist keine ganze einfache Materie. Ein Experte erläutert im ETF-Magazin, worum es bei Vorabpauschale, Teilfreistellung und anderen Erfindungen des Gesetzgebers geht
 

18. Juni 2024. MÜNCHEN (ETF Magazin). Auch bei ETFs fallen Steuern an. Die Besteuerung von Investmentfonds und ETFs regelt das zum 1. Januar 2018 neu gefasste Investmentsteuergesetz. Das Gesetz definiert dabei zum einen, welche Einkünfte auf Ebene des ETF steuerpflichtig sind. Zum anderen wird in diesem Gesetz definiert, welche Erträge auf Ebene des Anlegers der Besteuerung unterliegen.

Der ETF selbst unterliegt danach grundsätzlich mit seinen inländischen Beteiligungseinnahmen (Dividenden) und sonstigen inländischen Einkünften der Körperschaftsteuer. Der Steuersatz auf die inländischen Dividenden beträgt 26,375 Prozent (Kapitalertragsteuer plus Solidaritätszuschlag), kann jedoch bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen auf 15 Prozent reduziert werden.Bis Ende 2017 konnten inländische ETFs inländische Dividenden noch ohne Steuerabzug vereinnahmen.

Neben der Besteuerung der inländischen Erträge kann der ETF auch mit seinen ausländischen Erträgen im jeweiligen Herkunftsland (Quellenstaat) der Besteuerung unterliegen. So wird auf Dividendenzahlungen in vielen Ländern eine Quellensteuer mit abgeltender Wirkung einbehalten. Die Höhe der Quellensteuern hängt dabei auch von dem jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen zwischen dem Sitzstaat des ETF und dem Quellenstaat ab. Aktuell verfügen Irland sowie Luxemburg als prominenteste Standorte für ETFs über ein breit gefächertes Netz von Doppelbesteuerungsabkommen. Die Abkommensberechtigung inländischer Investmentfonds ist hingegen unklar.

Neben der direkten Besteuerung der ETF-Erträge, sind jedoch auch Erträge der ETF-Anleger steuerpflichtig. Auf Anlegerebene sind dabei drei Ertragsarten zu unterscheiden: Ausschüttungen des ETFs, thesaurierte Gewinne und Gewinne aus der Veräußerung von ETF-Anteilen. Schüttet der ETF Dividenden oder Zinsen aus, wird davon durch die depotführende Stelle grundsätzlich die Kapitalertragsteuer und der Solidaritätszuschlag in Höhe von 26,375 Prozent einbehalten sowie ggf. die Kirchensteuer. Für betriebliche Anleger hat der Steuereinbehalt dabei lediglich den Charakter einer Vorauszahlung. Die Einkünfte sind dann im Rahmen der Steuererklärung anzugeben.

Besonderheit Vorabpauschale

Anleger versteuern während der Haltedauer zunächst nur die Ausschüttungen des ETF. Um zu verhindern, dass durch die Anlage in thesaurierende Investmentfonds dauerhaft Erträge von der Besteuerung ausgenommen werden, wurde mit der Vorabpauschale eine jährliche Mindestbemessungsgrundlage geschaffen. Diese orientiert sich an der risikolosen Marktverzinsung. Die Vorabpauschale ist der Betrag, um den die Ausschüttungen innerhalb eines Kalenderjahres die Mindestbemessungsgrundlage unterschreiten. Dabei ist die Höhe der Vorabpauschale auf die tatsächliche Wertsteigerung des ETF-Rücknahmepreises innerhalb eines Kalenderjahres begrenzt. Wenn der ETF im Kalenderjahr keine Wertsteigerung verzeichnet hat, wird auch keine Vorabpauschale angesetzt.

Ein Beispiel verdeutlicht das Verfahren: Der Rücknahmepreis eines Fondsanteils beträgt zu Beginn des Kalenderjahres 100 Euro und steigt bis zum Ende des Jahres auf 100,20 Euro. Unterjährig werden 0,209 Euro pro Anteil ausgeschüttet. Die Mindestbemessungsgrundlage beträgt in diesem Beispiel 0,609 Prozent. Dies entspricht 0,609 Euro pro Anteil. Nach Abzug der Ausschüttungen verbleiben also 0,40 Euro. Durch den Anstieg des Rücknahmepreises wird die Vorabpauschale jedoch auf 0,20 Euro pro Anteil begrenzt. Die Vorabpauschale fließt steuerlich (fiktiv) am ersten Werktag des Folgejahres zu und unterliegt der Kapitalertragsteuer plus Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer. Für betriebliche Anleger hat der Steuereinbehalt wiederum den Status einer Vorauszahlung.

Bei Rückgabe oder Veräußerung von ETF-Anteilen wird der dann ggfs. anfallende Gewinn besteuert. Dieser bemisst sich durch die Gegenüberstellung der Einnahmen aus der Veräußerung nach Abzug der Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft stehen, und den Anschaffungskosten.

Bereits versteuerte Vorabpauschalen mindern den Veräußerungsgewinn entsprechend, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden. Für Privatanleger erfolgt der Steuereinbehalt durch die depotführende Stelle in Höhe von 26,375 Prozent sowie ggf. Kirchensteuer. Betriebliche Anleger versteuern Veräußerungsgewinne erst im Rahmen ihrer jährlichen Steuerveranlagung.

Konzept der Teilfreistellung

Für Anlagen in Aktien, die über Investmentfonds getätigt wurden, käme es durch die Besteuerung auf Anlegerebene und der zusätzlichen Steuerbelastung auf der Fondseingangsseite (Quellensteuern auf Dividenden) allerdings zu einer Doppelbesteuerung. Um diesen Effekt zu vermeiden, sieht das Investmentsteuergesetz bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen das Konzept der Teilfreistellung auf Ebene des Anlegers vor. Die Höhe der dabei anwendbaren Teilfreistellungssätze ist abhängig von der Anlagestrategie des ETF. Es wird in Aktien-, Mischfonds und sonstige Fonds unterschieden. Um als Aktienfonds zu qualifizieren, muss der ETF fortlaufend mindestens 51 Prozent seines Wertes in Kapitalbeteiligungen investieren. Sofern der ETF weniger als 51 Prozent, aber mindestens 25 Prozent seines Wertes in Kapitalbeteiligungen anlegt, finden die Teilfreistellungssätze für Mischfonds Anwendung.

Die Höhe des Teilfreistellungssatzes auf Anlegerebene ist darüber hinaus von der steuerrechtlichen Klassifikation des Anlegers abhängig. Für betriebliche und bestimmte körperschaftsteuerpflichtige Anleger berücksichtigen erhöhte Teilfreistellungssätze auf pauschalierte Weise, die bei Direktanlage geltenden Steuerbefreiungen auf Veräußerungsgewinne aus Aktien. Die Teilfreistellung wird auf Ausschüttungen gewährt, die jährliche Vorabpauschale auch auf Gewinne aus der Veräußerung bzw. Rückgabe von Fondsanteilen. Beispiel: Bei 100 Euro Ausschüttung eines Aktien-ETF sind bei einem Privatanleger 30 Euro von der Besteuerung freizustellen und folglich 70 Euro als Steuerbemessungsgrundlage heranzuziehen.

In welchem Umfang der ETF mindestens in Kapitalbeteiligungen investiert, muss eindeutig aus den Anlagebedingungen hervorgehen. Zu den Kapitalbeteiligungen zählen Anteile an Kapitalgesellschaften, nicht jedoch Hinterlegungsscheine (z. B. ADR, GDR), Anteile an Real Estate Investment Trusts (REITs) oder Derivate auf Kapitalbeteiligungen. Vor diesem Hintergrund ist aus steuerrechtlicher Sicht für ETFs, die einen Aktienindex abbilden, entscheidend, welche Replikationsmethode der ETF verwendet.

Bei einem physisch replizierenden Aktien-ETF, der 100 Prozent seines Vermögens direkt in die einzelnen Aktien seines Basis-Index investiert, beträgt die Kapitalbeteiligungsquote 100 Prozent. Deshalb kommen Anleger bei solch einem ETF in den Genuss des für ihren steuerrechtlichen Typ geltenden höchsten Teilfreistellungssatzes. Ein synthetisch replizierender Aktien-ETF, der seinen Basisindex zu 100 Prozent mit Derivaten abbildet, ist dagegen als sonstiger Fonds einzustufen. Die Anleger müssen die Erträge in vollem Umfang der Besteuerung unterwerfen, die Teilfreistellung findet keine Anwendung.

Bei physisch replizierenden ETFs muss im Zusammenhang mit Wertpapierleihgeschäften beachten werden, dass nach Auffassung des Bundesministeriums
für Finanzen der verliehene Bestand der Kapital­beteiligungen nicht in die Berechnung der Kapitalbeteiligungsquote einzubeziehen ist. Verleiht ein ETF, der einen Aktienindex physisch repliziert, Kapital­beteiligungen in größerem Umfang, besteht die Gefahr, dass er nicht als Aktienfonds, sondern lediglich als Mischfonds qualifiziert. Dies hätte für den Anleger die Anwendung eines geringeren Teilfreistellungssatzes zur Folge.

Sofern Anleger ETF-Anteile in einem inländischen Depot halten, ist die depotführende Stelle zum Einbehalt der Kapitalertragsteuer verpflichtet. Die Steuer kann in diesen Fällen von der depotführenden Stelle direkt vom Konto des Anlegers eingezogen werden. Aufgrund der Abgeltungswirkung des Steuerabzugs müssen Privatanleger die Erträge aus dem ETF nicht im Rahmen ihrer Steuererklärung deklarieren.

Zusammenfassung

Inländische und ausländische ETFs werden in Bezug auf die Anlage in deutsche Aktien aus steuerrechtlicher Sicht also gleichbehandelt. Auf Ebene des Investmentfonds ist für die Steuerbelastung, insbesondere bei Anlagen in Aktien, von entscheidender Bedeutung, inwieweit der ETF steuerliche Vergünstigungen aus einem Doppelbesteuerungsabkommen in Anspruch nehmen kann. Bei Aktien-ETFs ist auch die Art der Replizierung zu beachten. Im Falle der synthetischen Replizierung sollte sichergestellt werden, dass die im Portfolio gehaltenen Sicherheiten als Kapitalbeteiligungen qualifizieren, um den Zugang zum Teilfreistellungsregime zu gewährleisten. In großem Umfang getätigte Wertpapierleihgeschäfte können die Anwendung der Teilfreistellung hingegen gefährden bzw. einschränken. Die depotführende Stelle ist bei Anlagen in thesaurierende ETFs verpflichtet, die auf die jährliche Vorabpauschale zu entrichtende Steuer direkt vom Konto des Anlegers einzuziehen. ETFs, die eine Mindestausschüttung vorsehen, um den Steuerabzug zu decken, erscheinen besonders attraktiv.

Von Dirk Stiefel, Juni 2024, © ETF Magazin

Der Artikel stammt aus der aktuellen Ausgabe des ETF Magazins, dem Fachjournal für Profis und informierte Anleger*innen.

  • ETF Magazin als PDF herunterladen