pfp Advisory: "Das Eigenkapitalforum als Finale der Konferenzsaison"
Fondsmanager Peeters zeichnet ein differenziertes Bild von der Verfassung deutscher Unternehmen, die sich gerade in Frankfurt auf Europas größter Kapitalmarktkonferenz präsentieren.
27. November 2023. FRANKFURT (pfp Adisory). Am heutigen Montag strömen Unternehmenslenker und IR-Manager von hunderten Firmen sowie eine vierstellige Anzahl von Investoren, Analysten und Multiplikatoren in das Steigenberger Airport Hotel Frankfurt, um sich mittels Einzelgesprächen, Gruppenmeetings und Vorträgen ein aktuelles und hintergründiges Bild über die Entwicklungen in den unterschiedlichen Unternehmen aus den verschiedensten Sektoren zu machen.
Auch für uns von pfp ist diese Konferenz seit jeher ein Pflichttermin. Ich persönlich etwa habe ihn in den vergangenen zwei Jahrzehnten niemals verpasst. Im Jahr 2023 stellt die Konferenz so etwas wie einen Saisonabschluss dar, ehe ich erst im Januar viele derartige Events besuchen werde. Dazu gab es bereits zuletzt sehr viele Konferenzen, alleine drei in den vergangenen zwei Wochen.
Als Nebenprodukt neben den einzelnen Informationsgewinnen zu den Firmen, die man trifft, hat man natürlich gerade als branchenübergreifend arbeitender Generalist immer ein buntes Bild, wie es denn der Wirtschaft insgesamt geht. So zumindest der Normalfall.
In der momentanen Phase würde ich, um bei der Bezeichnung zu bleiben, eher das „bunt“ als das „Bild“ betonen, denn es ist wirklich eine ausgesprochen heterogene und auch diffuse Lage, die man in den Firmen sehen und auch an den Zahlen ablesen kann. Mancherorts brummt das Geschäft, Margen steigen, Auftragsbücher füllen sich auch jetzt noch. Vereinzelte Wolken am Horizont vielleicht, aber weiß Gott keine kritische Situation. Andere Firmenlenker passen zum zweiten oder dritten Mal im laufenden Jahr die Prognosen nach unten an und nennen durchaus verschiedene Einflussfaktoren als Ursachen.
Unterschiede zwischen den einzelnen Unternehmen hat es immer schon gegeben, aber momentan sind die Unterschiede bemerkenswert, dazu kommen oft mitunter abrupte Wechsel, etwa plötzlich einbrechendes Neugeschäft. Auch sah ich selten innerhalb ansonsten recht gut vergleichbarer Sektoren so deutliche Unterschiede, was für Stock-Picker natürlich kein Nachteil ist.
Trotz aller aufgeführten Heterogenität erkenne ich ein paar gemeinsame Linien, die ich gerne mit Ihnen teile:
1. Die Konjunktur ist angeschlagen, aber nicht am Boden. Massive Sparprogramme sind die absolute Ausnahme.
2. Realismus dominiert. Gab es Anfang 2023 noch das verbreitete Phänomen, dass viele Planungen auf einer deutlichen Dynamisierung im zweiten Halbjahr basiert haben (die dann allerdings nicht eintrat, was für viele Prognoserevisionen ausschlaggebend war), wird momentan zwar oft „auf Sicht“, aber selten mutig nach vorne geschaut.
3. Der Unmut über die Politik, 2023 lange das dominierende Thema, wird zunehmend durch eine Mischung aus Fatalismus und Trotz abgelöst, etwa nach dem Motto „auf die hoffen wir schon längst nicht mehr“. Globalisierung wird weiter als Chance begriffen, die zwischenzeitlich in Politik und Medien erhoffte Rückkehr verlagerter Produktion findet in diesem Umfeld (Steuern, Bürokratie etc.) aber nicht statt. Der alternative Weg, dies einfach mit zig Milliarden Schulden zu erkaufen, wurde ja soeben höchstrichterlich erschwert bis verbaut.
4. Digitalisierung und Modernisierung vollziehen sich in spürbarem Tempo. Gerade weil die Lage oft ernst ist, gibt es einen gehörigen Druck zur Veränderung.
Die genannten übergreifenden Komponenten und auch viele einzelne Erkenntnisse geben mir Mut. Wir sind sicher nicht in einem boomenden Umfeld und werden dies auch 2024 nicht erreichen, aber Fatalismus ist ebenso unangemessen. Deutsche Firmen, gerade im Mittelstand, genießen unverändert einen global guten Ruf, und die Bewertung der Eurozone impliziert schon einen massiven Abschlag etwa gegenüber dem viel gerühmten US-Markt. Somit gehe ich durchaus mit einer zumindest verhalten zuversichtlichen Attitüde in das Finale der Konferenzsaison.
von Roger Peeters, 27. November 2023, © pfp Advisory
Roger Peeters ist geschäftsführender Gesellschafter der pfp Advisory GmbH. Gemeinsam mit seinem Partner Christoph Frank steuert der seit über 25 Jahren am deutschen Aktienmarkt aktive Experte den DWS Concept Platow <LU1865032954>, einen 2006 aufgelegten und mehrfach ausgezeichneten Stock-Picking-Fonds, sowie den im August 2021 gestarteten pfp Advisory Aktien Mittelstand Premium <LU2332977128>. Weitere Infos unter www.pfp-advisory.de. Peeters ist weiterhin Mitglied des Vorstands der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA) e.V. Roger Peeters schreibt regelmäßig für die Börse Frankfurt.
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