L o a d i n g . .

Die Bedeutung der Marktbreite bei der Trendanalyse

Von Gil Blake, Chefanalyst des QuantumCompute Handelsinstituts

In meinen drei Jahrzehnten als Marktanalyst hat sich ein Konzept als besonders wertvoll für die Einschätzung der Gesundheit von Markttrends erwiesen: die Marktbreite. Während die meisten Anleger primär auf Indexstände und Preisbewegungen achten, bietet die Analyse der Marktbreite tiefere Einblicke in die zugrundeliegende Stärke oder Schwäche eines Trends. Heute teile ich mit Ihnen, wie Sie dieses mächtige Konzept für Ihre eigene Marktinterpretation nutzen können.

Was ist Marktbreite?

Die Marktbreite beschreibt, wie viele Einzeltitel an einer übergeordneten Marktbewegung teilnehmen. Anders ausgedrückt: Wird ein Marktanstieg von einer breiten Mehrheit der Aktien getragen, oder nur von einigen wenigen Schwergewichten?

In einem gesunden Aufwärtstrend steigen die meisten Aktien gemeinsam – der Markt zeigt “Breite”. In einem problematischen Markt hingegen kann ein Index weiter steigen, während immer weniger Einzeltitel neue Hochs erreichen – ein Warnsignal für eine mögliche Trendwende.

Die wichtigsten Indikatoren zur Messung der Marktbreite

Um die Marktbreite zu quantifizieren, nutze ich mehrere komplementäre Indikatoren:

1. Advance-Decline-Line (A/D-Line)

Die A/D-Line ist der Klassiker unter den Marktbreite-Indikatoren. Sie kumuliert täglich die Differenz zwischen steigenden und fallenden Aktien. Eine A/D-Line, die neue Hochs erreicht, bestätigt einen Aufwärtstrend. Besonders aufschlussreich sind Divergenzen – wenn beispielsweise der Index neue Hochs erreicht, die A/D-Line jedoch nicht.

2. Prozentsatz der Aktien über gleitenden Durchschnitten

Dieser Indikator zeigt, welcher Anteil der Aktien sich über wichtigen gleitenden Durchschnitten (typischerweise 50- oder 200-Tage) befindet. Er bietet eine klare Visualisierung der Marktbreite:

  • Werte über 80% deuten auf einen überkauften Markt hin
  • Werte unter 20% signalisieren überverkaufte Bedingungen
  • Der Trend dieses Indikators ist oft aufschlussreicher als absolute Werte

3. New Highs vs. New Lows

Das Verhältnis von Aktien, die neue 52-Wochen-Hochs erreichen, zu jenen mit neuen Tiefs bietet wichtige Einblicke in die Marktdynamik. In gesunden Aufwärtstrends überwiegen die neuen Hochs deutlich, während eine zunehmende Anzahl neuer Tiefs bei steigenden Indizes ein deutliches Warnsignal darstellt.

4. Bullische Prozentsätze

Diese Indikatoren messen den Anteil der Aktien, die ein bestimmtes bullisches Chartmuster (z.B. Point & Figure-Kaufsignale) aufweisen. Sie funktionieren ähnlich wie Oszillatoren auf Indexebene:

  • Über 70-80% deuten auf überkaufte Bedingungen hin
  • Unter 20-30% signalisieren überverkaufte Märkte
  • Trendwechsel dieser Indikatoren können wichtige Signale liefern

Interpretation von Marktbreite-Signalen

Der wahre Wert der Marktbreite-Analyse liegt in ihrer Fähigkeit, versteckte Stärken oder Schwächen zu enthüllen:

Negative Divergenzen als Warnsignal

Eine klassische negative Divergenz entsteht, wenn der Marktindex neue Hochs erreicht, während Breiteindikatoren schwächeln. Dies deutet auf eine abnehmende Partizipation hin – ein Warnsignal für eine mögliche Trendumkehr.

Die großen Marktgipfel von 2000, 2007 und 2021 wurden alle von signifikanten negativen Divergenzen bei der Marktbreite begleitet. Monate bevor die Indizes ihren Höhepunkt erreichten, begann bereits die Zahl der partizipierenden Aktien zu sinken.

Positive Divergenzen als Kaufgelegenheit

Umgekehrt können positive Divergenzen wertvolle Kaufsignale liefern. Wenn der Markt neue Tiefs testet, aber die Marktbreite-Indikatoren sich verbessern, deutet dies auf eine stärkere interne Marktstruktur hin als der Preischart allein vermuten lässt.

Solche positiven Divergenzen waren an bedeutenden Marktböden wie 2009, 2016 und 2020 zu beobachten und lieferten frühzeitige Hinweise auf eine bevorstehende Trendwende nach oben.

Bestätigung von Ausbrüchen und Durchbrüchen

Marktbreite-Indikatoren helfen, die Qualität von technischen Ausbrüchen zu beurteilen:

  • Ein Ausbruch mit zunehmender Marktbreite ist typischerweise nachhaltiger
  • Durchbrüche wichtiger Unterstützungen bei sich gleichzeitig verschlechternder Marktbreite bestätigen den Abwärtstrend
  • Schnelle Veränderungen der Marktbreite liefern oft frühzeitige Hinweise auf Sentiment-Extrema

Praktische Anwendungsstrategien

Wie können Sie diese Erkenntnisse in Ihre Handelsstrategie integrieren?

Strategie 1: Breadth Thrust als Kaufsignal

Ein “Breadth Thrust” tritt auf, wenn der Markt von stark überverkauften zu stark überkauften Bedingungen innerhalb eines kurzen Zeitraums (typischerweise 10-15 Handelstage) wechselt. Diese seltenen Signale deuten oft auf den Beginn bedeutender Bullenmärkte hin.

Achten Sie auf schnelle Anstiege des Prozentsatzes der Aktien über ihren 50-Tage-Durchschnitt von unter 15% auf über 75% innerhalb weniger Wochen – ein klassisches Thrust-Signal.

Strategie 2: Marktbreite-Bestätigung für Positionsgrößen

Stimmen Preis und Marktbreite überein, können Sie mit größerer Überzeugung handeln:

  • Bei positiver Preisbewegung und starker Marktbreite: Erhöhen Sie Positionsgrößen und Marktexposure
  • Bei positiver Preisbewegung aber schwacher Marktbreite: Bleiben Sie vorsichtiger mit kleineren Positionen
  • Bei Divergenzen: Beginnen Sie, Gewinne mitzunehmen und Absicherungsstrategien zu implementieren

Strategie 3: Sektorrotationsanalyse

Die Marktbreite-Analyse auf Sektorebene ermöglicht tiefe Einblicke in Rotationsmuster:

  • Identifizieren Sie Sektoren mit zunehmender interner Stärke, selbst wenn der Preis noch nicht reagiert hat
  • Beobachten Sie, wie sich die Führung zwischen defensiven und zyklischen Sektoren verschiebt
  • Nutzen Sie Sektor-Breadth-Indikatoren, um frühzeitig in aufkommende Branchentrends zu investieren

Fazit: Marktbreite als essentielles Analysewerkzeug

Die Marktbreite-Analyse ist keine Glaskugel, aber sie bietet einen entscheidenden Vorteil: die Fähigkeit, unter die Oberfläche von Preisbewegungen zu blicken und die tatsächliche Marktdynamik zu erfassen. Ein Index kann durch wenige Schwergewichte gestützt werden, während die Mehrheit der Aktien bereits fällt – ein Umstand, den nur die Marktbreite-Analyse offenbart.

Integrieren Sie diese Indikatoren in Ihre Marktanalyse, und Sie werden feststellen, dass sie ein wertvolles Frühwarnsystem für bedeutende Marktwendepunkte darstellen können.

Bei Fragen zur praktischen Anwendung von Marktbreite-Indikatoren oder zur Interpretation spezifischer Marktbedingungen steht Ihnen unsere Assistentin Anna Keller gerne zur Verfügung.

Mit weitreichenden Grüßen,

Gil Blake
Chefanalyst
QuantumCompute Handelsinstitut